„Aus“ für „Schottergärten“ – Die Folie macht den Unterschied

Wolf-Dieter Hauck, WBH-Gemeinderat und Umweltbeauftragter

„Steingarten“ nannte man früher landauf landab den akkurat angelegten, liebevoll mit kleinen Pflanzen und skurrilen Fels-Formationen angelegten Teil des Grundstücks. Manchmal waren es ganze Vorgärten. Sie waren die Alternative zum klassischen Gartenkonzept und wurden mit individuellem Geschmack, viel Arbeit und kunstvollen Ideen ansprechend umgesetzt. Die Steingartenpflanzen unserer Großeltern hatten eine Blütenvielfalt, ja eine Farbenpracht, die sozusagen das Herz heilsam zum Lachen bringen konnte. So entstand oft eine ganz eigene Welt für sich. Diese Gartenform versorgte Insekten, hatte Gewächse mit besonderem Charakter und strahlte so einen ganz eigenen Reiz aus. Soweit kann sich so mancher Mensch vorstellen, um was es geht. Glaubt er. Doch die Begriffsdefinition hat sich verändert. Aus dem idyllischen Steingarten wurde der geleckte „Schottergarten“.

Allgemeiner Tenor – die Begriffsklärung

Laut mancher Definition ökologisch orientierter Organisationen und einigen Vertretern des kommunalen Gemeinderechts, wird diese sich ausbreitende Gartenform heute nämlich abwertend „Gärten des Grauens“ genannt. Und darum nennt man es im Umfeld von „Kommunalrecht“ in den Gemeinden mittlerweile fast schon entsprechend despektierlich offiziell „Schottergarten“. Das klingt zuerst noch nicht negativ, doch genaueres Hinsehen zeigt: Wird eine als (Vor-)Garten oder Grünanlage geeignete Fläche mit Schotter oder Steinen belegt, versiegelt dies das Erdreich wie die Betonfläche eines Supermarktes. Dafür wird nämlich zunächst die Humusschicht abgetragen und eine Folie verlegt, auf der die Steinschicht aufgebracht wird. Neben (angeblich) ästhetischen Gesichtspunkten ist oft die „Arbeitsersparnis“ ein wichtiger Grund für diese Entscheidung. So praktisch diese Art von modernem Steingarten für so manchen Zeitgenossen auch sein mag, die heute nun so genannten „Schottergärten“ nehmen allerorts enorm zu. Und sie werden zunehmend scharf kritisiert: Knackpunkt sind diese „Schottergärten“ mit auf dutzenden Quadratmetern flächendeckenden, weiß leuchtendem Kies und entsprechend den Pflanzenwuchs verhindernder Grundfolie darunter. Manche nennen sie deswegen auch Kiesgärten. Solange Folie Pflanzenwachstum blockiert, sind es tatsächlich ökologische Steinwüsten ohne Artenvielfalt, voll mit Kies und Schotter, plus durch Plastikplanen versiegelt. In Veitsbronn sind sie künftig verboten. Das hat der Gemeinderat in seiner vergangenen Sitzung mehrheitlich beschlossen.

Freiflächengestaltungssatzung

Mehrere Kommunen in Franken und in ganz Bayern haben damit begonnen, so genannte „Schottergärten“ in Neubaugebieten mit Hilfe des Bebauungsplans zu verbieten. Entsprechende Absichten sorgen nun bereits überall für politische Konflikte. Gerade in Neubaugebieten findet man oft den typischen, lieblos mit Steinen zugeschütteten Vorgarten, in dem eine einsame, in Form geschnittene Kiefer ihr karges Dasein fristet. Einige Gemeinden machen nun per Gemeinde-Satzung (Freiflächengestaltungssatzung) Vorgaben, die im Bebauungsplan einen Mindestanteil an Vegetationsfläche auf dem Grundstück vorschreiben oder Schotterflächen gleich ganz verbieten. Dazu gehört als Vorreiter Erlangen, in Regensburg und Würzburg will man folgen, und eben nun auch Veitsbronn.

Gemeinderatsthema der ökologischen Art

Beantragt hatte das generelle Verbot von „Schottergärten“ in der letzten Gemeinderatssitzung die Wählergemeinschaft Bürger Handeln/WBH-Fraktion. Ihr Sprecher Wolf-Dieter Hauck hielt ein sehr leidenschaftliches Plädoyer für das Verbot. Als offizieller Umweltbeauftragter der Gemeinde Veitsbronn hat er eine ganz entschiedene Meinung: „Ich erinnere an unsere Ziele als Gemeinde. Hier haben Klima- und Umweltschutz oberste Priorität. Es ist der falsche Weg, weiterhin halbherzig abzuwarten.“, sagte er und forderte dazu auf, konsequent zu handeln. Das Phänomen „Schottergarten“ müsse man kritisch bewerten: Bodenversiegelung, Reduzierung des Grüns im Ort, starke Aufheizung der betroffenen Fläche und ihrer Umgebung im Sommer seien schon genug Belastung. Die Verhinderung des Eindringens von Wasser in den Boden und dann nach einigen Jahren die Zunahme mit Pestiziden gegen dennoch wachsendes Grün vorzugehen, das ist die Realität der „Schottergärten“ für das ökologische Mikroklima – ein Teufelskreislauf. Dazu kommt eine massive Reduktion der Artenvielfalt. Hauck mahnt: „Es geht hier um Ökologie, nicht um Politik. Wir müssen die Menschen sensibilisieren, besser informieren und zwar jetzt.“

Gesetzgeber will 2021 entscheiden

Bürgermeister Marco Kistner (CSU) hingegen setzt auf die aktuellen Planungen der Bayerischen Staatsregierung, die erkannt habe, dass bezüglich dieser sich ausbreitenden „Steinwüsten“ gar gesetzlich gehandelt werden müsse. Anfang 2021 erwartet Kistner konkrete Vorgaben aus München. Deswegen plädierte er dafür, erst einmal abzuwarten. Später solle sich die kommunale, also örtliche Regelung, an der ganz-bayrischen ausrichten. Dem entgegen hatte Hauck vorgeschlagen, die entsprechende Satzung der, der Stadt Erlangen anzulehnen. Für Kistner ist die jedoch keinesfalls unumstritten. Er stellte derweil die zentrale Frage aller Fragen in einer Kommune: „Kommt man mit dem Schwert oder setzt man auf Eigenverantwortung?“ Ein Verbot ist immer ein Eingriff in die Eigentumsrechte und das Einhalten müsse aufwändig überwacht werden – das fresse Ressourcen der Verwaltung. Vieles sei auch noch rechtlich völlig unklar und berge Probleme in der Vermittlung der Maßnahmen: Der Umgang mit der Abart „anonymes Denunziantentum“, die Frage, wie viel Prozent Stein eines Gartens zur Einstufung als „Schottergarten“ bedeckt sein muss und ob die Gehwege mit einberechnet werden. Der Bürgemeister jedenfalls will verständlicherweise nicht entscheiden, wessen Grundstück künftig in die Kategorie des „Schottergartens“, ja der „ungeliebten“ Steingärten zu fallen hat.

Hauck indessen forderte schnellstmögliches Eingreifen. Er erklärte sich sogar bereit, bei der Kontrolle aktiv mitzuwirken. „Diesen Dienst an der Natur leiste ich gerne, ich mache mich gerne auch mal wegen sowas unbeliebt.“ Seiner Meinung nach sei nämlich nicht damit zu rechnen, dass der Landtag binnen Halb-Jahresfrist abschließend entscheiden werde – schon allein wegen der Corona-Krise nicht. Hauck warnte davor, die kommende Zeit ungenutzt verstreichen zu lassen. Dieses „Verbot“ sei kein „politisches Spielchen“. Und es dürfe in Veitsbronn nicht so lange abgewartet werden, bis der Bayerische Landtag eine Entscheidung getroffen habe. Klimaschutz ernst nehmen und danach zu handeln, ist daher sein Credo.

Finales Abstimmungsergebnis im Veitsbronner Gemeiderat: zwölf Mandatsträger schlossen sich Wolf-Dieter Hauck an und votierten für ein sofortiges Verbot. Sieben Gemeinderäte hielten es mit dem Bürgermeister Marco Kistner, die Entscheidung des Gesetzgebers abzuwarten und das Thema bis dahin aufzuschieben. Nun bleibt es laut Beschluss des Gemeinderates der Verwaltung überlassen, diesen nun klaren Auftrag auszuführen. Heißt im Klartext: für Veitsbronn eine entsprechende Satzung zu entwerfen und sich am Rahmenkonzept und an der bereits vorhandenen Satzung der Stadt Erlangen zu orientieren.

Das kommende Frühjahr wird zeigen, ob auch Aufklärung der Gemeindebewohner mit entsprechend genutzten Gärten Wirkung zeigt und mehr Grün vor den Türen sprießen wird.

© JOSH 2020